Wie Du dein Projekt garantiert in den Sand setzt

Der Projekt-Eisberg

Wir lesen oft über das eine oder andere Projekt, das nicht ganz so lief, wie es sollte. Hierbei handelt es sich um medienwirksame Projekte, die medienwirksam scheitern, so dass auch wir alle dies mitbekommen. Aber auch jenseits von Großflugplätzen, Tenorhallen oder Mega-Reaktormanteln, die jedes für sich schon das Jahresbudget einiger kleinerer Staaten übersteigen, gibt es Projekte, die entweder komplett den Bach runter gehen oder zumindest Ihrer geschäftlichen Rechtfertigung nicht mehr nachkommen. Diese symbolisieren den in den tiefen der See schwimmenden verborgenen Teil des Eisbergs der zum Scheitern verdammten Projekte. Aber wie kommt es eigentlich, so viele Projekte konsequent am Erfolg vorbei geführt werden?

Ich schreibe aus Erfahrung

Ich möchte hier einige Punkte aus meiner eigenen Erfahrung als Projektmanager oder Projektmitarbeiter erwähnen, die, sehr mild ausgedrückt, dafür sorgten, dass Projekte nicht so liefen, wie sie laufen sollten. Da ein Projekt (entgegen der weit verbreiteten Meinung vieler Entscheider) per Definition schon eine gewisse Unsicherheit in sich birgt, kann eine ganze Menge schiefgehen.  Es ist an dieser Stelle angebracht, einige der wichtigsten Punkte kurz zu erläutern.

Es sei noch gesagt, dass es nicht mein Ziel ist, einen negativen Schatten auf eure zukünftigen Projektvorhaben zu werfen. Denn eine positive Grundeinstellung ist essentiell für den Projekterfolg. Auch solltet Ihr euch nicht vor potentiellen Risiken fürchten, sofern Ihr ein –wenn auch nur rudimentäres­­-  Risikomanagement habt.

Ich möchte euch lediglich auf genau die Punkte sensibilisieren, die viele außer Acht lassen und somit Ihr Projekt langsam aber sicher gegen die Wand fahren. Da die meisten Menschen negatives schneller aufgreifen als positives, habe ich den Spieß umgedreht und möchte euch in den kommenden Zeilen Tipps geben, wie Ihr euer Projekt garantiert in den Sand setzt.

Zeige minimalen Einsatz

Alle Tipps, die Ihr lesen werdet, gelten für engagierte Projektmanager oder Projektbeteiligte, die alles für den Projekterfolg tun wollen und entsprechend auch viel Elan in die Erreichung der Projektziele investieren.

Wenn Du hingegen keinen oder nur begrenzten Einsatz zeigst, weil Du nicht an das Projekt glaubst oder weil dir vor lauter Betriebsblindheit einerlei ist, ob du nun in einem neuen Projekt mitarbeitest oder ob Du weiterhin deine langjährige Linienaufgabe ausführst, nur halb bei der Sache bist und nach dem Mittagessen den Feierabend herab beschwörst: herzlichen Glückwunsch! Solltest Du keine unbedeutende Rolle innerhalb des Projektes spielen, wird dein Projekt garantiert scheitern! Du brauchst nicht mehr weiter zu lesen, genieße lieber deine Lieblingssendung oder den nächsten Tratsch mit dem Nachbarn. Das wäre zumindest eine für dich lohnendere Investition, es tut mir leid wenn ich ehrlich bin.

Lege dir kein Fachwissen über deine Projekttätigkeit an

„Ich bin der Projektmanager, ich brauche kein Fachwissen, das erledigen meine Mitarbeiter für mich!“  Oder „Es ist nicht meine Aufgabe, fachliches Wissen über das Projektendprodukt zu besitzen. Das ist die Aufgabe anderer Kollegen“ Wenn Du diese oder ähnliche Weisheiten verinnerlicht hast und so durch das Projektleben schlenderst, dann kann man dich nur loben. Jeden Bauarbeiter würde man aus der Baustelle werfen und jede Reinigungskraft hätte ausgemoppt, würden sie Ihre Materie nicht beherrschen. Aber ein qualifizierter Projektmanager kann sich das natürlich erlauben.  

Schade nur, dass ein Projektmanager nicht den nötigen Respekt seiner Teamkollegen bekommt, wenn diese merken, dass er keine Ahnung davon hat, was eigentlich durch das Projekt hervorgebracht werden soll. Und auch der Gesichtsausdruck von Stakeholdern spricht Bände, wenn sie merken, dass der Projektmanager oder ein Teammember den Projektoutput nicht wirklich begriffen haben. Das motiviert alle Beteiligten zu Höchstleistungen bzw. zwingt die Stakeholder regelrecht, das Projekt weiterhin zu unterstützen.   Hut ab vor deiner fachlichen Ignoranz!

Beziehe nur die Partien in die Planung mit ein, die DU für nötig hältst

Es war ein sonniger Tag. Ich saß als Teilprojektleiter IT in einem wohlklimatisierten, sterilen Meetingraum eines Großkonzerns. Viele hochgebildete Projektmitarbeiter saßen mit im Raum. Der Projektmanager, ebenfalls hochgebildet und allen möglichen und unmöglichen Anglizismen mächtig, berichtete über die Meilensteine, die bereits durch die Ingenieure erledigt wurden. Nun war die IT dran und hatte 2 Wochen Zeit, zwei Dutzend hochspezielle Rechner mit der nötigen Software zu betanken. 2 Wochen. Klingt erstmal nicht wenig.

Als ich im Meeting fragte, ob denn das Betriebssystemimage der Airline schon aufgespielt sei, sah ich nur noch lange Gesichter. Niemand hatte daran gedacht. Auch andere rudimentäre Aspekte wurden außer Acht gelassen. Nun ja, es waren ja auch aus meiner Sicht Fachfremde. Und anscheinend hat einfach das gewisse Etwas in der Projektleitung gefehlt, während der Projektplanungsphase einen IT Vertreter mit ein zu beziehen, um zumindest die rudimentärsten Aspekte ab zu frühstücken.

Das Projekt (auch weil mehr außer Acht gelassen wurde außer der IT) hat dann doppelt so lange gedauert wie geplant. Für mich ist dieses Projekt immer noch das Projekt mit den meisten Nominierungen für das Projekt mit den größten Kollektivbestrebungen gegen den Erfolg. Du kannst es auch schaffen, wenn du nur diejenigen in die Planung mit einbeziehst, die du gern hast oder für wichtig genug hältst. Die anderen müssen sich dann eben anpassen. Werden sie schon.

Baue voll auf deine Projektmanagement Methode

Du hast ein Zertifikat in einer bewährten (oder sogar weniger bewährten) Projektmanagement Methode und vertraust blind auf diese? Herzlichen Glückwunsch, auch Du bist dabei. Ja, auch wenn alle Entwickler krank sind machst du dein Daily Scrum mit dir selber. Und das Revue Meeting darf nicht kürzer als 2 Stunden betragen, auch wenn der Sprint relativ kurz war. Und für jedes noch so triviale Projektvorhaben muss ein riesen Business Case und ein 20-seitiges Qualitätsmanagementstragiepapier erstellt werden, so dass der workload zum Erstellen dieser und ähnliche Dokumente den Arbeitsaufwand zur Erstellung des Projektendproduktes tangiert. Schade dass dir dann im Nachhinein die Zeit für die Kontrolle des Projektfortschrittes fehlt, doch Hauptsache die Methode ist befriedigt.

Bitte jetzt nicht falsch verstehen: Methode muss sein, ansonsten ist dein Projekt ein weiterer Beweis der Chaos Theorie. Sie ist jedoch kein Ersatz für gesunden Menschenverstand und ist nicht in Stein gemeißelt (auch wenn die Urheber meistens etwas Anderes suggerieren). Die Art und Weise, wie du die entsprechende Methode an dein Projekt anpasst, wird meistens in der Definition der Methode selbst erörtert, sofern Du eines der seriösen Methoden und kein Konzern Konstrukt verwendest. Aber Egal. Methode ist Methode. Einfach alles befolgen wie es im Buche steht, du wirst nicht für Verstand bezahlt.

Kommuniziere nur, wenn es sein muss

Nach Anleitung deiner Projektmanagement Methode hast du schon die wichtigsten Dokumente erstellt und verteilt, du hast Meetings festgelegt und Eskalationswege freigelegt. Jetzt meinst Du ist es Zeit, sich zurück zu lehnen und auf den täglichen Mailverkehr und den einen oder anderen Anruf zu warten. Als Projektmanager arbeitet man reaktiv und nicht proaktiv, richtig? Warum denn auch. Denn sollte etwas nicht nach Plan laufen, wirst Du schon rechtzeitig benachrichtigt, also brauchst Du nicht zu viel Energie in die proaktive Kommunikation zu stecken.

Du gehst also davon aus, dass die Lösungen an dich herangetragen werden und nicht die Probleme. In der Realität ist es oft so, dass viele Probleme hätten gelöst werden können, wenn man sie rechtzeitig erkannt und angepackt hätte. Das Erkennen ist dein Job, nicht der Job deiner Mitarbeiter oder Kollegen! Und wer nicht periodisch bei den Beteiligten nachfragt, wie der Projektstand oder der Stand einer bestimmten Teilaufgabe ist, der bekommt die Probleme meist nur dann zu hören, wenn sie fast schon unlösbar sind. Denn die Beteiligten versuchen oft verbissen, das Problem selber in den Griff zu kriegen, statt Hilfe zu holen.

Na gut, da es unser Ziel ist, das Projekt den Bach runter gehen zu lassen, kann man nur sagen: TOP ! Aber auch der Antityp zu dem „Kommunikationsscheuen“ kann ein Projekt erfolgreich in den Sand setzen, wie Du unten lesen wirst.

Sei der Megaloman, den alle brauchen

Was würden nur deine Mitarbeiter und Kollegen ohne dich machen. Immer erhellst du Ihnen den Weg, zeigst Ihnen Ihre Fehler auf, schaltest dich noch unbedingt in jeder Mail mit 10+ Empfängern dazu obwohl schon alles gesagt und geschrieben wurde und sagst gleichberechtigten Teamkollegen, was sie machen müssen, damit das Projekt erfolgreich wird. Du bist nicht nur dein eigener Planet, sondern –zumindest nach eigener Auffassung- auch der Planet deiner Kollegen und sie sollten froh sein, dich zu haben. Wenn Du eine Präsentation hältst, dann kannst du stundenlang reden, die Fragen der Zuhörer sind nicht so wichtig, auch müssen Sie nicht immer ausreden, sie wissen ja sowieso nicht so wirklich, wovon sie gerade reden. Das weist nur Du.

Ich habe einen Projektleiter kennengelernt, der so etwa die obigen Voraussetzungen erfüllt hat. Jede Präsie war eine Show seiner selbst. Gestik, Mimik, Theatralik (ich weiß nicht ob es dieses Wort so wirklich gibt und möchte auch nicht danach googeln) sowie Dramatik… Alles war dabei! Seine Mitarbeiter waren so genervt aber auch zugleich so verängstigt, dass sie entweder komplett den Mund hielten oder die Abteilung wechselten. A pros pros, wenn er etwas entschied und seine Mitarbeiter dies an angrenzende Projekte (wie das unsrige) kommunizieren mussten, dann schrieben sie immer „Die Abteilung hat entschieden, dass…“. Das spricht wohl Bände. Am Ende hat dann die „Abteilung“ die Abteilung gewechselt, da das Projekt nicht in dem genannten Zeitraum fertig wurde.   

Fazit

Die obige Aufzählung ist natürlich nicht komplett und ich bin mir sicher, dass jeder Projektbeteiligte auch eine etwas andere Sichtweise darüber hat, was letzten Endes zu Verzögerung oder gar zum Scheitern des Projektes geführt hat. Wichtig ist eine kontinuierliche Prüfung jedes Beteiligten, ob möglichst viele Aspekte bedacht bzw. berücksichtigt wurden. Je nach Rollen, die jeder einzelne im Projekt inne hat, sind das also Aspekte wie

  • Ist die Planung ausreichend
  • Sind wirklich alle Beteiligten involviert und informiert
  • Haben alle Beteiligten Ihre Mitwirkung zugesagt bzw. commited ? Wirklich ?
  • Sind die Arbeitspakte in der angegebenen Zeit machbar? Was sagen diejenigen, die die Arbeit letzten Endes verrichten werden?
  • Herrscht eine offene Kommunikationskultur zwischen den Beteiligten (oder im Unternehmen) oder wird akribisch eine Ellenbogenkultur gepflegt?

Diese Liste ist skalierbar und jeder Punkt ist wichtiger als der andere. Ich hoffe die Direktheit, in der dieser Beitrag verfasst wurde, hat dich nicht verärgert. Und falls doch: nehme das als Anfang für eine Ganzheitliche Sicht auf den Projekterfolg. Denn wenn du schon hier bist und liest, bedeutet dies dass du gewillt bist ein gutes Ergebnis zu erzielen. Viel Erfolg !

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Meinkanal.de / mb

3 comments On Wie Du dein Projekt garantiert in den Sand setzt

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Seit über einer Dekade in der IT, davon ein gutes Stück im Projektmanagement, habe ich mich entschlossen, für mich und einige meiner schreibfreudigsten Experten-Freunden eine Plattform zu eröffnen, um unser Wissen und unsere Meinungen über aktuelle Themen -im technologischen Kontext- weiterzugeben. Scheut euch nicht Kontakt aufzunehmen, wenn Ihr Fragen habt ! Grüße, Murat.

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